Dynamic Pricing – ein Begriff der in den vergangenen Jahren enorm an Bedeutung gewonnen hat. Immer mehr Unternehmen nutzen dynamische Preisstrategien, die vielfach als Dynamic Pricing bezeichnet werden, und passen ihre Preise flexibel an das Angebot und die Nachfrage an. Die Zahlungsbereitschaft ihrer Kunden soll so bestmöglich abgeschöpft und der Gewinn maximiert werden. Der rasante technologische Fortschritt der letzten Jahre und die zunehmende Digitalisierung eröffnen bei der Preisfestsetzung indessen vollkommen neue Möglichkeiten. Mittels intelligenter Algorithmen lassen sich Preise innert Sekunden automatisch an die Marktsituation anpassen. Zugleich nehmen die verfügbare Datenmenge und -qualität stetig zu und die Verarbeitung von grossen Daten wird einfacher. Das Konsumverhalten der Kunden wird transparenter und die Preise können gezielt auf die individuelle Zahlungsbereitschaft abgestimmt werden. Es stellt sich deshalb die Frage, ob durch eine dynamische Preisfindung in der Immobilienwirtschaft die Leerstände von Immobilien dauerhaft gesenkt und die Rendite respektive der Erlös der Anleger optimiert werden kann.
Die nachfolgenden Ausführungen basieren auf einer qualitativen Untersuchung mittels Experteninterviews, welche im Rahmen einer Masterarbeit an der Hochschule Luzern durchgeführt wurden. Dabei wurden Personen interviewt, welche sich in der Immobilienwirtschaft überdurchschnittlich gut auskennen und/oder sich mit der dynamischen Preisfestsetzung beschäftigen.
Werden dynamische Preisfindungsmodelle in der Immobilienwirtschaft bereits eingesetzt?
Der Trend rund um die dynamische Preisfestsetzung ist in der Immobilienwirtschaft und insbesondere in der Schweiz noch nicht vollständig angekommen. Airbnb, Hotels und teilweise Serviced Apartments nehmen in Bezug auf dynamische Preise eine Vorreiterrolle ein. Im Wohn-, Büro-, und Gewerbemarkt und somit in den Kernbereichen der Immobilienwirtschaft existieren dagegen noch keine vollständig dynamischen Preisfindungsmodelle. Die Auswertung der Daten erfolgt nicht in Echtzeit und die Ergebnisse werden nicht direkt im Preis einer Immobilie abgebildet.
Sind dynamische Preisfindungsmodelle in der Immobilienwirtschaft aus Sicht von Investoren wünschenswert?
Aus der Untersuchung geht hervor, dass dynamische Modelle in der Immobilienwirtschaft und insbesondere im Wohnungsmarkt kaum gewünscht werden. Bei Büro-, Gewerbe- und Logistikimmobilien werden dynamische Preise als vorteilhaft erachtet, aber zugleich als schwierig umsetzbar eingestuft. Insgesamt überwiegen die Risiken gegenüber den Chancen bei der Nutzung von dynamischen Preisfindungsmodellen in der Schweizer Immobilienwirtschaft. Ein grosses Potenzial wird bei der erstmaligen Preisfestsetzung mit Hilfe von dynamischen Faktoren und der Modellierung von verschiedenen Preisszenarien gesehen. Genauso wird die interne Prozessoptimierung als Folge der Digitalisierung begrüsst.
Sind die Voraussetzungen für dynamische Preisfindungsmodelle in der Immobilienwirtschaft gegeben und welche Kriterien sind dabei entscheidend?
Die Voraussetzungen für ein dynamisches Preissystem sind in der Schweizer Immobilienwirtschaft nur teilweise gegeben. Im Vergleich zu anderen Branchen, in welchen dynamische Preise bereits etabliert sind, bedürfte es in der Immobilienwirtschaft grundlegende Änderungen. Zudem sind gewisse Faktoren marktgegeben und können nicht geändert werden. In der untenstehenden Tabelle werden die Voraussetzungen mit Beispielen aus anderen Branchen – in welchen Dynamic Pricing bereits eingesetzt wird – überblicksartig verglichen und beurteilt.
Fazit
Die Digitalisierung wird in der Immobilienwirtschaft weiterhin mit grossen Schritten voranschreiten, neue Technologien mit sich bringen und die verfügbare Datenmenge und -qualität deutlich verbessern. Es wird sich zeigen, ob sich dynamische Preissysteme – in Anbetracht der technischen Machbarkeit – in Zukunft durchsetzen werden.
Quelle
Masterarbeit Michael Burkard, Dynamische Preisfindung in der Immobilienwirtschaft, 2020