Wer in der Schweiz ein Grundstück mit Gewinn veräussert, der hat diesen Gewinn zu versteuern. Dies gilt sowohl für private Immobilieneigentümer als auch professionelle Investorinnen. Das klingt auf den ersten Blick einfach und einleuchtend, die Details des Grundstücksteuergewinnrechts sind jedoch komplex – nicht umsonst umfasst das Fachbuch, auf welches unten verwiesen wird, stolze 626 Seiten.
Grundeigentum ganz allgemein war seit jeher ein dankbares Steuerobjekt, zumal man Immobilien weder vom Fiskus verstecken noch einfach ins Ausland verschieben kann. Die Besteuerung des Wertzuwachses von Grundeigentum erschien und erscheint zudem politisch vergleichsweise unbestritten, da dieser Wertzuwachs, so das Argument des Gesetzgebers, «unverdient», also ohne Bemühungen des Eigentümers eintrete.
Die Höhe der Grundstückgewinnsteuern wird kantonal geregelt. Im Kanton Zürich – wie auch in anderen Kantonen – wird der Steuersatz in zweifacher Hinsicht abgestuft. Einerseits wird der Satz in Abhängigkeit der Höhe des Grundstückgewinns abgestuft: So werden kleine Grundstückgewinne mit tieferen Sätzen (also z.B. Gewinne bis CHF 4’000 mit 10 %), höhere Gewinne dagegen mit höheren Sätzen besteuert – es findet also wie bei der Einkommenssteuer eine Progression statt. Der «Spitzensteuersatz» wird bei Gewinnen von CHF 100’000 und mehr erhoben, nämlich 40 %. Andererseits wird eine zeitliche Abstufung vorgenommen: Hält man eine Liegenschaft längere Zeit, gibt es einen über die Jahre kontinuierlich ansteigenden «Rabatt» auf den Steuersatz. Der maximale Rabatt wird nach 20 Jahren Haltedauer gewährt, nämlich 50 % Prozent. Zum Verständnis hilft hier ein illustratives Beispiel: Ein Grundstückgewinnteil über CHF 100’000 wird nach 20 Jahren Haltedauer nicht mehr mit 40 %, sondern nur noch mit 20 % (50 % von 40 %) besteuert, die Steuer betrüge hier also CHF 20’000. Wenn eine Liegenschaft nur sehr kurze Zeit, also namentlich weniger als 2 Jahre gehalten wird, kommt dagegen ein «Spekulationszuschlag» zum Zuge. Würde die Liegenschaft also innerhalb eines Jahres wieder verkauft, dann betrüge der Steuersatz auf Gewinne über CHF 100’000 satte 80 %, CHF 100’000 Gewinn würden also mit CHF 80’000 versteuert.
Wie erwähnt, war eines der Hauptargumente des Gesetzgebers für die Einführung Grundstückgewinnsteuer, dass der Wertzuwachs des Bodens ohne Zutun des Eigentümers und somit «unverdient» geschieht. Auf den ersten Blick ist diese Begründung einleuchtend. Bei genauerem Hinsehen überzeugt das argumentative Fundament jedoch nicht in allen Punkten. Abgesehen von der allgemeinen Komplexität der vom Konzept her vordergründig einfach wirkenden Steuer möchte ich hier nur zwei Punkte herausgreifen:
Erstens ist beispielsweise störend, dass bei der «Gewinnberechnung» (ausser in den Kantonen Jura und Graubünden) keine Teuerungsbereinigung erfolgt. Das klingt nun etwas trocken, hat aber reale Auswirkungen. Dazu ein vereinfachtes Beispiel: Herr Hauser hat im Jahr 1985 eine Immobilie für CHF 1 Mio. erworben. Im Jahr 2021 möchte er sie wieder verkaufen. Er kann die Immobilie für CHF 1.5 Mio. veräussern. Unter der Annahme, dass Herr Hauser keine wertvermehrenden Massnahmen vorgenommen hat, beträgt der Grundstückgewinn augenscheinlich CHF 500’000, oder? Ja und nein: Seit 1985 beträgt die kumulierte Teuerung ziemlich genau 50 %, was bedeutet, dass der Betrag von CHF 1.5 Mio. im Jahr 2020 gleich viel «wert» ist wie CHF 1 Mio. im Jahr 1985. Herr Hauser kann mit dem Verkauf im Jahr 2020 also zwar frankenbetragsmässig mehr Geld lösen, als er im Jahr 1985 für die Liegenschaft bezahlt hat, mit den CHF 1.5 Mio. kann er sich aber wegen des Wertzerfalls des Geldes genau gleich viel leisten wie für CHF 1 Mio. im Jahr 1985. Seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit gemessen an seiner Kaufkraft hat mit anderen Worten nicht zugenommen, und dennoch zahlt er einen hohen fünfstelligen Steuerbetrag auf den «Grundstückgewinn».
Zweitens belastet die Steuer professionelle Immobilienentwickler weit stärker als andere Gewerbetreibende. Ihr Geschäftsmodell besteht nämlich darin, dass sie Grundstücke erwerben, entwickeln und verkaufen. Naturgemäss halten sie Grundstücke dadurch nur wenige Jahre. Vom «Zeitrabatt» profitieren sie daher kaum. Ihr Projektentwicklungsgewinn wird im Resultat mit Grundstückgewinnsteuersätzen deutlich über 30 % besteuert, anstelle mit dem regulären Gewinnsteuersatz, der um oder unter 20 % liegt. (Dies gilt zwar nicht in allen Kantonen, der Einfachheit halber möchte ich jedoch die Betrachtung auf die Situation im Kanton Zürich beschränken.) Störend ist für die Immobilienentwickler dabei vor allem, dass grundstückgewinnsteuerrechtlich unterstellt wird, dass der Entwicklungsgewinn «unverdient» eintritt. Zwar können die Erstellungskosten für das Entwicklungsprojekt (und die ursprünglichen Erwerbskosten für das Baugrundstück) vom Verkaufserlös abgezogen werden (Grundstückgewinn = Verkaufserlös minus Erstellungskosten minus Erwerbspreis für das Grundstück), nicht jedoch eine Risiko- und Gewinnmarge. Vor allem die Risikomarge enthält jedoch «Projektkosten», welche ex ante in die Kostenberechnung einbezogen werden müssen, zumal die Projektrisiken bei Bauprojekten zahlreich sind und teils finanziell gravierende Folgen haben können (zur Einordnung: bei Bauprojekten führen wir Risiko-Checklisten mit 6 Hauptrisikokategorien mit rund 30 Unterkategorien). Aus unternehmerischer Sicht ist das Eingehen solcher Risiken keineswegs eine «verdienstunwürdige» Tätigkeit. Mit anderen Worten: Wer nimmt schon Verlustrisiken in der Höhe von Hunderttausenden oder Millionen von Franken in Kauf, ohne Aussicht auf Gewinn zu haben? Im Übrigen: Nur schon die Identifikation und Quantifizierung von Risiken ist Arbeit. Eine meiner Ansicht nach «faire» Lösung könnte darin bestehen, dass eine Risikomarge in der Höhe eines gewissen Prozentsatzes zu den Erstellungskosten hinzugeschlagen werden darf oder dass der gesamte Projektentwicklungsgewinn professioneller Investoren mit dem «normalen» (niedrigeren) Gewinnsteuersatz besteuert würde, wie dies in einigen Kantonen bereits der Fall ist.
Bereits im geltenden Recht ist es jedoch möglich, mit einem «Kniff» die Steuerbelastung bei Projektentwicklungen signifikant zu senken. Zusammengefasst geschieht dies dadurch, dass die Erwerber des fertig entwickelten Projektes nicht nur einen Kaufvertrag mit dem Veräusserer (Investor) unterzeichnen, sondern einerseits einen Kaufvertrag mit dem Veräusserer (Investor) für den Kauf des Landes und andererseits einen Werkvertrag mit dem Gebäudeersteller (Generalunternehmer) hinsichtlich der Erstellung des Gebäudes abschliessen. Wenn der Veräusserer (Investor) und der Gebäudeersteller (Generalunternehmer) der gleichen natürlichen oder juristischen Person gehören, lässt sich der Projektentwicklungsgewinn bis zu einem gewissen Mass vom Veräusserer (Investor) zum Gebäudeersteller verschieben, womit der Gewinn nicht mit der hohen Grundstückgewinnsteuer, sondern mit der tieferen «normalen» Gewinnsteuer besteuert wird. Dieses Vorgehen wurde höchstrichterlich als zulässig abgesegnet. Das Konstrukt bringt steuerlich vor allem bei kurzen Haltedauern einen signifikanten Nutzen, ist aber keineswegs trivial und einfach verständlich.
Sofern Sie mehr über die Umsetzung solcher Sparpotenziale in Projektentwicklungen erfahren möchten, zögern Sie nicht und kontaktieren Sie uns (n.haas@refolio.ch).
Literaturhinweis: Martin Zweifel/Olivier Margraf/Silvia Hunziker/Stefan Oesterhelt, Schweizerisches Grundstückgewinnsteuerrecht, Schulthess Juristische Medien AG, Zürich/Basel/Genf 2021